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News
25.10.2020, 16:44 Uhr | Herbert Miche
Anmerkungen bezüglich der Fusionsbroschüre zur geplanten Fusion der Kommunen Bad Lauterberg und Walkenried
Fusion soll schmackhaft gemacht werden
Zweifelhafte Beeinflussung - finanziert mit unseren Steuergeldern

Die Fusionsbroschüre macht deutlich, dass eine Fusion dem Bürger „schmackhaft“ gemacht werden soll. Man kann den Eindruck gewinnen, dass hier dem Bürger vermittelt werden soll, dass es ohne Fusion keine Zukunft gibt.

Es wird deutlich, dass Bad Lauterberg sehr daran gelegen ist, auch in Zukunft mehr als 10.000 Einwohner:Innen aufweisen zu können. Das ist aber für die Zukunft nur möglich, wenn Bad Lauterberg mit Walkenried fusioniert. Eine Fusion hätte zur Folge, dass die dann neue Kommune jedes Jahr mehr Geld (Schlüsselzuweisungen) aus dem Finanzsystem erhalten würde.

Bei der überwiegenden Zahl der kommunalen Gebietskörperschaften reichen die Einnahmen aus öffentlich-rechtlichen (Steuern, Gebühren, Beiträge) und privatrechtlichen Quellen nicht aus, um die notwendigen Ausgaben zu decken. Daher sind ergänzende Systeme notwendig, diese Träger öffentlicher Aufgaben mit ausreichenden Mitteln auszustatten. Eines dieser  Systeme ist der kommunale Finanzausgleich.

In Artikel 106 Abs. 7 des Grundgesetzes findet sich die rechtliche Grundlage für den kommunalen Finanzausgleich.
Daran anknüpfend  ist es Aufgabe der Länder, die notwendigen Regelungen für eine ausreichende Finanzausstattung der Gemeinden und Gemeindeverbände zu treffen. Im Land Niedersachsen wird diese Pflicht in Artikel 58 der Niedersächsischen Verfassung aufgegriffen. Einerseits gewährt das Land hier den Gemeinden und Landkreisen das Recht auf Erschließung eigener Steuerquellen und anderseits verpflichtet es sich, einen übergemeindlichen Finanzausgleich durchzuführen.

Die Zuweisungen des Kommunalen Finanzausgleiches lassen sich in drei Arten aufteilen:

1). Die größte Summe und damit auch der bedeutendste Teil des Finanzausgleichs entfällt auf die Schlüsselzuweisungen. Schlüsselzuweisungen werden finanzkraftabhängig verteilt,
d.h. Kommunen mit niedrigen eigenen Steuereinnahmen erhalten höhere Schlüsselzuweisungen als solche mit hohen eigenen Steuereinnahmen. Dadurch wird gewährleistet, dass der Abstand der den Kommunen pro Einwohner pro Einwohner insgesamt zur Verfügung stehenden Mitteln zwischen den Kommunen nicht zu groß wird. Damit soll auf eine Gleichheit der Lebensverhältnisse in Niedersachsen hingewirkt werden.

2). Der zweitgrößte Posten entfällt auf die Zuweisungen für Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises. Aufgaben, die eigentlich dem Staat obliegen, kann das Land zur Ausführung an die Kommunen übertragen. Für die bei der Wahrnehmung dieser anfallenden Kosten muss das Land einen finanziellen Ausgleich leisten.

3.) Zudem kann auf Antrag eine Bedarfszuweisung gewährt werden. Sie können in begründeten Ausnahmefällen im Rahmen einer antragsbezogenen Einzelfallprüfung gewährt werden und dienen zur Abdeckung von Fehlbeträgen, die aufgrund einer außergewöhnlichen Lage entstanden sind.

Meine o.a. Ausführungen zum kommunalen Finanzausgleich soll nur deutlich aufzeigen, dass die gewährten Mittel keine „Geschenke“ des Landes sind, sondern dass darauf ein gesetzlicher Anspruch besteht.

Zusammengefasst: Im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleiches hat es schon immer Schlüsselzuweisungen und Bedarfszuweisungen gegeben.

Bei einer neuen (fusionierten) Gemeinde wären diese Zuweisungen höher, das ist richtig. Aber die gewährten Gelder müssen sich dann auch mehr Kommunen teilen bzw. stehen dann für mehr Kommunen zur Verfügung.

Das wäre einmal Bad Lauterberg mit den vier Stadtteilen Bad Lauterberg, Barbis, Bartolfelde und Osterhagen und die Gemeinde Walkenried mit den Ortsteilen Walkenried, Wieda und Zorge. Den durchaus größeren „Kuchen“ müssen sich dann mehrere teilen.

 

In der Informationsbroschüre steht u.a.:
Bei einer Fusion wird die neue Kommune in den nächsten fünf Jahren insgesamt ca. 7.1 Millionen Euro erhalten. Vom Land Niedersachsen und vom Landkreis Göttingen.

Hierzu eine sehr interessante Anmerkung von Herrn Bernd Jackisch, Bad Lauterberg, Regionssprecher Niedersächsisches Bündnis gegen Straßenausbaubeiträge:

7,1 Mio. €   zusätzliche Finanzmittel durch die Fusion ??

 

Schauen wir genau hin, wie sich die Beträge zusammensetzen:

   740.000 Euro  >  Bedarfszuweisung Walkenried 2020
   740.000 Euro  >  
Bedarfszuweisung Walkenried 2021
2.500.000 Euro  >  Walkenried Rest 
Entschuldungshilfe 2016 (75 statt 60Prozent)

Bedacht werden muss an dieser Stelle auch, dass die Zuweisungen für einen BEDARF, also für eine bereits notwendige Sache erfolgt und das Geld NICHT zur freien Verfügung steht.                                                                                                                                        
Ähnlich verhält es sich mit der 
Entschuldungshilfe! Komisch ist hier, dass diese Summe in den Aufrechnungen für die „Dreierfusion“ nie erwähnt wurde.                                                
Diese Beträge, die sich aus festgestellten Bedarfen und dem Zukunftsvertrag ergeben, würde es auch ohne Fusion gegeben. Das dem so ist, war kürzlich der Berichterstattung des Harz Kurier für Bad Sachsa zu entnehmen.                                                


1.500.000 Euro  >  Verzicht auf Teil der Kreisumlage als Fusionshilfe. Dieser Verzicht gilt nur von 2022-2026 und setzt sich aus 15.000 Einwohner x 20 Euro zusammen. Danach entsteht ein finanzieller Vorteil für den LK Gö. 
Der LK gibt also nichts – er wartet nur fünf Jahre bis er mehr bekommt.


1.650.000 Euro  >  5 Jahre a 330.000 Euro erhöhte Schlüsselzuweisung, da die Gesamteinwohnerzahl im Falle einer Fusion 14.700 betragen würde und nicht 10.200 für Bad Lauterberg allein. Diese, um etwa 4.500 Walkenrieder Einwohner erhöhte Anzahl führt laut NFAG zu den verbesserten Schlüsselzuweisungen.                                                                                          
Das Land Niedersachsen begründet die höheren Schlüsselzuweisungen damit, dass eine größere Kommune auch einen höheren Aufwand hat.                                                                   
Folglich ist das kein Geschenk und keine Verbesserung der Finanzlage – das Geld ist erforderlich, um die (Pflicht-) Aufgaben zu bewältigen. UND sie beträgt letztlich nur etwa 73 € pro Einwohner.

 

Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass sich die sog. Fusionsrendite für die ersten fünf Jahre nur aus dem VERZICHT auf die erhöhte Kreisumlage (1.500.000 €) und den erhöhten Schlüsselzuweisungen (1.650.000 €) ergibt.    

Sie beträgt NICHT 7,1 Mio. Euro, sondern nur 3.150.000 €  =  630.000 € pro Jahr.

Nach den ersten fünf Jahren, also ab 2027 bleiben nur noch die höhere Schlüsselzuweisung in Höhe von 330.000 €, von denen etwa 150.000 € für die Kreisumlage abzuführen sind.

Unter dem Strich folglich nur noch 180.000 € für Walkenried und Bad Lauterberg zusammen. Verteilt man diese Summen etwa auf die 2/3 der Einwohneranzahl aus Bad Lauterberg, dann beträgt der jährliche „Vorteil“ dieser Fusion ab 2027 letztlich nur 120.000 €. Das entspricht einer durchschnittlichen Haushaltsschwankung – mehr nicht !!!

Und da stellt sich schon die Frage: Wollen wir dafür unsere Eigenständigkeit aufgeben und uns zusätzliche Verpflichtungen und Aufgaben, deren Ausmaße wir nicht genau kennen, tatsächlich jetzt auf die Schnelle dazu fusionieren???  


In der Infobroschüre heißt es u.a. auch, „In beiden Kommunen gibt es viel zu tun“.
Das ist nicht von der Hand zu weisen und ist richtig. Allerdings soll man nicht den Eindruck vermitteln, dass das nur bei einer Fusion zu bewältigen wäre. Feuerwehrgerätehäuser müssen neu gebaut werden oder bedürfen einer Sanierung. Das wird und muss aber auch ohne Fusion bewältigt werden, denn das ist eine gesetzliche Verpflichtung. Auch alle anderen angesprochenen Themen sind unabhängig von einer Fusion zu sehen. Es ist in meinen Augen fahrlässig, wenn man so tut, als ob alle finanziellen Probleme bei einer Fusion behoben wären.

Zwei Themenfelder haben die Einwohner von Walkenried, Wieda und Zorge in der Vergangenheit intensiv beschäftigt:
1). Straßenausbaubeiträge. Das Thema ist erstmal erledigt, da der Rat sich einstimmig dafür ausgesprochen hat, dass keine Straßenausbaubeitragssatzung beschlossen wird. Diese Thematik wird aber wohl erst dann endgültig vom Tisch sein, wenn das Land die generelle Abschaffung einer Straßenausbaubeitragssatzung beschließt und den Kommunen finanziell bei den notwendigen Sanierungen unterstützt.
In der neusten Fassung des Gebietsänderungsvertrages steht u.a.:
§ 7 Absatz (2) Auf die Erhebung von Beiträgen für Verkehrsanlagen und wiederkehrenden Beiträgen für Verkehrsanlagen (Alt: Straßenausbaubeitragssatzung) wird verzichtet, wenn künftige Ausbauten von Verkehrsanlagen finanziell gesichert sind.
Das heißt im Umkehrschluss: Sind künftig Straßenausbauten nicht finanziell gesichert, muss der Anlieger in Bad Lauterberg und Walkenried zahlen??? (auch ohne Satzung, die ja dann erst für die neue Gemeinde beschlossen werden müsste).
Kommentieren möchte ich das nicht!

2). Abwassergebühren. Nirgendwo sind die Abwassergebühren so hoch wie in Walkenried. Seit Januar 2020 müssen die Bürgerinnen und Bürger 5,84 € für den Kubikmeter zuzüglich eine monatliche Grundgebühr von 13,50 € zahlen. Damit sind wir in Niedersachsen Spitzenreiter. Es ist das Ziel aller, die Kosten zukünftig zu senken. Das ist durchaus möglich, wenn der derzeitige Vertrag mit dem aktuellen Betreiber ausläuft. Für den dann zukünftigen Betrieb gibt es unterschiedliche Modelle. Hier bin ich optimistisch, dass wir in Zukunft geringere Abwassergebühren aufweisen können und damit eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger erfolgen kann.

Auch hier will ich noch einmal deutlich zum Ausdruck bringen, dass die genannten Themenfelder bzw. Problematiken völlig unabhängig von einer Fusion zu sehen sind und sich auch ohne Fusion lösen lassen bzw. gelöst werden müssen.

Die politische Vertretung:
Bei einer neuen (fusionierten) Kommune gibt es laut Gesetz künftig 30 Sitze. Aufgrund der Verhältnisse der Einwohnerzahlen, werden mehr Personen aus der Kernstadt Bad Lauterberg im Rat sein. Ich muss kein Prophet sein, dass sich das auch bei Abstimmungen auswirkt. Ich will hier den „Bad Lauterbergern“ keine Böswilligkeit unterstellen, aber so wird es nun mal sein! Neben dem Stadtrat wird bzw. sollen in allen Ortsteilen Ortsräte (jeweils 5 Mitglieder) gebildet werden. Das hört sich ja nicht schlecht an, doch Ortsräte haben nur einen Empfehlungscharakter, Entscheidungen (Beschlüsse) werden ausschließlich im Stadtrat getroffen …

Grundschulen, Kindertagesstätten und Feuerwehr
Das sind Einrichtungen, die vorzuhalten sind und den aktuellen Bedürfnissen ständig angepasst werden müssen. Also keine „freiwillige Aufgabe“ sondern eine gesetzliche Verpflichtung. Da beide Kommunen diese Einrichtungen vorhalten müssen, erschließt es sich mir nicht, warum die finanzielle Ausstattung bei einer Fusion besser sein soll. Ganz im Gegenteil, der Bedarf an Finanzmittel steigt extrem und das wird auch mit einer höheren Schlüsselzuweisung, pp. nicht aufgefangen werden können.
Das gilt auch für die erwähnte Jugendarbeit (zählt übrigens zu den freiwilligen Aufgaben).

Straßennamen
Hier wird behauptet, dass doppelte Straßennamen erhalten bleiben. Hier wurde bei der Bildung der Einheitsgemeinde Walkenried zum 01.11.2016 allerdings u.a. wie folgt argumentiert:
„Da einige Straßennamen im neuen Gemeindegebiet mehrfach vertreten sind, ist es erforderlich, alle Straßen mit gleichen Namen umzubenennen …“
Deshalb glaube ich nicht an die Erhaltung doppelter Straßennamen.

Mein Fazit:
Bad Lauterberg ist ein schönes Städtchen, keine Frage. Aber irgendwelche Gemeinsamkeiten sehe ich nicht. Ich sehe auch nicht, dass die Gemeinde Walkenried von einer Fusion profitieren könnte. Ein Vorteil würde sich vermutlich für Bad Lauterberg ergeben (höhere Einwohnerzahl, höhere Schlüsselzuweisungen, pp.)

Die Gemeinde Walkenried kann aus meiner Sicht auch in Zukunft überleben. Natürlich darf man die finanzielle Problematik nicht verdrängen oder „schönreden“. Allerdings erschließt es sich mir nicht, dass die Probleme bei einer Fusion verschwinden.

Die Gemeinde Walkenried hat eine gute Infrastruktur. Wir können Baugebiete ausweisen, haben einen Bahnhof, Apotheke, Ärzte, Zahnarzt, Bäcker, Schlachter, Tankstelle und einen Einkaufsmarkt. Auch der Tourismus ist auf einem guten Weg, das belegen die steigenden Gästezahlen bzw. Übernachtungen.

In meinen Augen lohnt sich weiterhin der Blick in den Oberharz. Hier liegen auch die Gemeinsamkeiten! Bis 1972 (Gebietsreform in Niedersachsen) gehörten wir zu Braunlage. Darüber sollte man noch einmal intensiv nachdenken.

Die „Fusionsbroschüre“ wird übrigens von unseren Steuergeldern (4000.- €) finanziert. Auch die geplante Verteilung an alle Haushalte in Bad Lauterberg und Walkenried wird nochmals zusätzliche Steuergelder verschlingen.

Zusatzinformationen
aktualisiert von Herbert Miche, 01.11.2020, 14:43 Uhr


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